Schmerz. Dienstag. Der Alltag klopft an und ich fühle mich nicht nach funktionieren, tun, da sein oder handeln. Dennoch wird mir eins bewusst: das Leben geht weiter. Es muss weiter gehen – die Trauer bleibt für eine gewisse Zeit bestehen, aber nicht für immer. Mir wird bewusst: der Tod sollte kein Tabuthema sein. Kein Geflüster. Nichts, worüber nur kurz gesprochen wird. Denn so überraschend er kommt, so unerwartet lange kann dieser eine Moment das Leben komplett einnehmen. Schmerz. Es tut weh, mein Herz brennt. Doch ich weiß, dass diese Zeit auch einen Ausweg kennt. Nämlich, die Akzeptanz, die Liebe und die Stärke. Zusammenhalt in der Familie, sich mit der Trauer auseinandersetzen und zu vertrauen. Montag.
Es ist Weihnachten und irgendwie freue ich mich: die Familie sehen, Tränen abwischen und gemeinsam Jesu Geburt feiern. Diesmal ist es etwas anders, denn die Trauer haftet, sie lastet noch auf unseren Schultern – in Gedenken an meiner Cousine bleiben wir dennoch stark. Der Tisch ist dekoriert, der Sekt steht bereit und wir feiern gemeinsam bis der Nachbar neben an aufgrund unserer Lautstärke schreit. Für einen Moment steht die Zeit still, für einen Moment wird die Trauer nicht beachtet und ich bemerke: Es tut gut, Zeit mit meinen Liebsten, mit den Menschen, die mir helfen an etwas anderes zu denken und zugleich gemeinsam mit mir diese Trauer bekämpfen, zu verbringen.
Schmerz. Mittwoch: der zweite Weihnachtstag. Nun sind wir fast vollzählig – zahlreiche lächelnde Gesichter erleuchten mein Herz. Und so langsam verkleinert sich dieses Trauer-Loch. Und die Gewissheit, dass du an einem besseren Ort bist, wird immer größer. Es ist Samstag. Ich sitze hier auf dem Sofa und versuche Worte zu finden, die meinen Gemütszustand beschreiben. Denn dieser Dezember war erschreckend traurig und unverständlich. Dennoch ruft der Neuanfang nach mir. Loslassen, mich verabschieden – ist es wirklich schon soweit? So wie Kinder trotz des schrecklichen Zufalls spielen, lachen und toben können, möchte ich auch sein. Aber wer weiß wie es innerlich in ihnen vorgeht. Schmerz zuzulassen und öffentlich zu zeigen beweist Mut und vor allem die Bereitschaft zu heilen. Denn die Stimme meines Herzens lässt nicht los, sie strebt nach einer innerlichen Auseinandersetzung. Schmerz.
Nun mein Tipp an dich: Rede mit deinen engsten über deine Trauer, lass alles raus – gehe hoch hinaus bis zum Maximum deiner Gefühle. Steine schleppst du nur, sobald du die Trauer immer wieder verdrängst und dich nicht mit ihr auseinandersetzt. Es wird Geduld, Zeit und vor allem Stärke brauchen.
Nicht mehr da, in einer anderen Welt – der Tod, ein Ereignis, das Logik völlig über den Kopf stellt. Dennoch weiß ich, du bist an einem besseren Ort. Du bist sicher, da wo du bist. Und innerlich wird es schon heilen. Die Zeit der Trauer ist nicht vorbei, aber ich bin hier: Bereit mich dem Schmerz zu stellen, den Tod zu akzeptieren und in dieser Welt Spuren zu hinterlassen. Denn ich bin mir sicher, genau das, würde meine Cousine nicht verpassen wollen.
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