1. Liebe Lisa, vielen Dank für deine Bereitschaft und die Zeit mit mir ein Interview zu führen. War das Fotografieren schon immer dein Traum?
Das Fotografieren macht mir Spaß. Dennoch ist es nicht unbedingt meine Leidenschaft an sich, sondern meine Leidenschaft ist es eher bestimmte Menschen zu zeigen. Aber auch die Inszenierung des Ganzen, also der gesamte Prozess, der dazugehört: Fashionoutfits, die Location, die ich mit einplanen und anschließend die „postproduction“. Zu dem Fotografieren bin ich durch meine Freunde gekommen. Mir war vor allem wichtig die Leute, die ich in Hamburg antreffe festzuhalten. Also ihre Fähigkeiten, Talente und wer sie als Person sind. Der Stichpunkt Festhalten, ist der entscheidende, der mich zum Fotografieren inspiriert. Denn ich bin ein Mensch, der gerne alles festhält. Ich möchte jeden Moment catchen. Für mich ist das pure Faszination, nämlich die Möglichkeiten Momente wahrnehmen und festhalten zu können. Zudem besteht auch die Möglichkeit Situationen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Zum Beispiel ein Ort, der nicht als besonders gesehen wird, auf dem Foto ganz anders aussehen lassen kannst.
2. Gibt es bestimmte Ziele, die du mit der Fotografie verfolgst?
Wenn ich wirklich eine Rolle spielen würde in der Fashionszene, ist es mir wichtig, dass es individueller wird. Ich möchte versuchen zu erreichen, dass noch mehr schwarze Models gebucht werden. Mir ist nämlich aufgefallen, dass sehr vieles in der Fashionwelt normiert ist. Und mir gefallen diese Normen überhaupt nicht. Was zusätzlich nicht meinen Ansichten entspricht ist, dass sich die Models auf eine bestimmte Figur runterhungern müssen. Und wenn sie diese Maße nicht haben, können sie nicht weiter in einer Modelagentur arbeiten. Ich will mit Menschen arbeiten, die nicht diese Figur haben. Also mit Leuten, die indem sie nicht dieser Norm entsprechen interessant sind.
3.Das heißt deine Bilder sind sehr gesellschaftskritisch. Ist das dann auch das Schema, dass du für deine Bilder verwendest?
Nein, nicht direkt. Es ist nicht so, dass ich vor einem shooting sagen würde, ich will mit dem shototing diese bestimmte Message vermitteln. Es ist meistens eher so, dass wenn ich die Person sehe, dann sehe ich direkt ein Bild. Und, wenn man zum Beispiel eine Person ablichtet, die homosexuell ist, dann ist es schon gesellschaftskritisch. Also man muss nicht noch viel mehr mit reinbringen. Aber teilweise mag ich es auch die Bilder authentisch wirken zu lassen. Zudem mache ich auch nicht viel Retusche. Ich mache nur die Schatten weg oder bearbeite Pickel, aber ich ändere keine Proportionen.
4. Was machst du neben dem Fotografieren?
Ich habe eine Ausbildung gemacht als Mediengestalterin und bin Screendesignerin. Da ich nun mit der Ausbildung fertig bin, mache ich zurzeit eine Pause. Anschließend würde ich gerne nochmal ins Ausland gehen, dort wahrscheinlich dann auch Fotografie studieren. Zwischendurch mache ich meine Projekte, also meine shootings und versuche connections aufzubauen.
5. Kommen dir bestimmte Hindernisse beim Verfolgen deiner Träume in die Quere?
Am Anfang war es schwierig einzusteigen, da ich zu diesem Zeitpunkt keine Models hatte. Als Fotograf oder Fotografin ist man anfangs nicht vernetzt. Und es ist schwierig dieses Netzwerk aufzubauen. Man muss sich erst einmal ein Portfolio aufbauen, damit die Leute dann auch auf dich zu kommen. Und bei mir war es so, dass die Blackcommunity mir geholfen hat in die Szene reinzukommen, weil ich angefangen habe schwarze Männer zu fotografieren. Und die sind meistens sehr gut vernetzt. Und die ganzen Freunde von denen haben mich dann angeschrieben, sodass sich das dann Schritt für Schritt aufgebaut hat. Man bekommt mehr Reichweite. Was auch ein Hindernis war, ist mein schwaches Selbstbewusstsein, dass ich zu Beginn hatte. Ich bin sehr selbstkritisch und habe mir selbst immer eingeredet, dass ich nicht fotografieren kann. Ich selber sehe mich auch heute nicht als Fotografin, auch wenn viele mir etwas anderes sagen.
6. Was ist genau in solchen Situationen, in denen du lieber aufgeben möchtest, als weiter zu machen deine Antriebskraft?
Eigentlich auch die Bestätigung, auch wenn sich das gerade etwas widersprüchlich anhört. Aber du bekommst die Bestätigung, wenn du es kannst. Instagram hat sehr viel dazu beigetragen, denn ohne die Plattform, wäre ich überhaupt nicht an die Leute gekommen. Und auch meine Vision, die ich habe, nämlich dass Menschen toleranter gegenüber anderen Menschen sein sollten. Ich will versuchen zu zeigen, dass auch ein Mädchen das hübsch ist und alle unterschätzen,auch was drauf hat. Denn die meisten Fotografen sind männlich und die meisten Fotografen behandeln mich auch nicht respektvoll, wenn ich modele. Ich will zeigen, auch wenn ich diese Schublade gesteckt werde: „Ach ja, hübsches Mädchen mehr nicht“, dass so eine Person auch was kann. Denn Frauen werden meistens als sehr schwach bezeichnet, aber sie sind es überhaupt nicht.
7. Von welcher Quelle holst du dir Inspiration für deine Bilder?
Ich verfolge viele Fashionmagazine. Wie „dazed“ oder „id-magazine“. Bevor ich angefangen habe, habe ich mir immer die Videos angeguckt auf Youtube. Es gibt auch gewisse Künstler, die mich inspirieren. Wie zum Beispiel Frida Carlo, das ist jetzt Klischee mäßig aber ich liebe sie, sie ist meine größte Inspiration. Es gibt auch andere Fotografen, die ich sehr inspirierend finde zum Beispiel Ren Hagen. Auch Petra Collins finde ich sehr inspirierend. Sie fotografiert diese ganzen Hip Hoper in LA. Sie hat zum Beispiel 21 Savage fotografiert. Es gibt extrem viele Leute die ich aufzählen könnte.
8.Nenne mir das wichtigste Tool, um seine Ziele erfolgreich zu verfolgen?
An sich selbst glauben! Man sollte eine kämpferische Einstellung haben, denn man wird viele Erfahrungen machen, die schlecht sind. Auch wird man sehr viel mit Arroganz zu haben, oder mit Unzuverlässigkeit. Man muss sehr ehrgeizig sein und immer durchziehen. Auch, wenn es manchmal so doof ist, dass man sich fragt: „Was mach ich hier überhaupt.“ Und da war ich auch, wo ich mir dachte ich möchte keinen mehr fotografieren. Das entstand aus einer Situation, die Wut hervorrief. Man muss sich einfach selbst sagen: „ich schaffe das, ich werde irgendwann groß werden und damit Geld machen können.“ Man muss weiterhin an sich glauben, auch wenn die Umstände anders aussehen, man muss diesen Willen haben und extrem dafür kämpfen, um dieses Netzwerk zu bekommen. Und man muss sehr auffällig sein, denn wenn man nicht auffällig ist, dann wird man nicht gesehen.
9.Wenn du deine Leidenschaft zum Fotografieren in einem Satz oder vier Wörtern beschreiben könntest, welche wären das?
Farbe, Energie, Individualität und Leidenschaft.
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